Klettern in Leonidio

Griechenland

a place to come back

Die Tage sind kurz. Die Klettergebiete sind naß. Die Daunenjacke stinkt als hätte man sie neben der örtlichen Müllverbrennung hängen lassen. Spätestens jetzt weiß man, dass es Zeit wird das mitteleuropäische grau-in-grau zu verlassen und die Flugverbindungen gen Süden zu checken.

Gute zweieinhalb Flugstunden südöstlich von unserem Abflughafen (München) findet sich unser diesjähriges Ziel und gleichzeitig eine der ältesten Städte Europas – Athen. Auch wenn Athen mit ihrer Akropolis und den antiken Gebäuden eine eigene Reise wert wäre, war es für uns nur ein kurzer Stopp. Um genau zu sein, 40 Minuten. Ungefähr so lange benötigten wir um unser Gepäck aufzusammeln und unseren Fiat500L zu beladen. Das “L” scheint in diesem Fall wenig Ladevolumen, bei doppelter Autogröße zu bedeuten. Dass dies zu späteren Zeitpunkt in den Gassen von Leonidio noch ein Problem werden würde, ahnte keiner von uns beiden. Egal, reinsetzen, anschnallen und raus aus der Stadt.

Nach kurzen Stadtverkehrgeplänkel und der Überquerung des Kanal von Korinth erreichten wir bei leichter Dämmerung die langen Küstenstraßen am östlichen Ende der Peloponnes. Nach insgesamt 3 ½ Stunden Fahrt erreichten wir mit unserem aufgeblähten Luftballon der Marke Fiat endlich Leonidio (Λεωνίδι). Nur noch unser Airbnb, die Dusche und das Bett finden und alles wäre “well prepared” für den morgigen Klettertag. Ganz so leicht ging es aber dann doch noch nicht. Durch München mit dem Handy navigieren? Kein Problem. Durch Athen mit dem Handy navigieren? Kein Problem. Durch Leonidio mit dem Handy navigieren? Eher schwierig. Entsprechend schnell waren wir mit unserer maximalen Durchfahrtsbreite am Limit. Da hilft irgendwann auch kein Spiegel einklappen und viel gezittere hinterm Lenkrad nichts mehr.

Wer in Leonidio zentral wohnen möchte, sollte am besten den großen Parkplatz am Fluß/im Ortskern ansteuern und von dort seinen Weg zur Wohnung auskundschaften. Wirkt zwar sehr deutsch, erspart aber hunderte Meter rückwärts durch die Gassen zu manövrieren.

Route von Athen nach Leonidio (Google Maps)

Leonidio

Mit 3000 Einwohnern bietet Leonidio alles was das Herz begehrt. Touristisch wirkt es dabei noch nicht. Obst/Gemüse und Dinge des täglichen Bedarfs können in einem der vielen kleinen Läden oder auch in einem gut sortierten Supermarkt besorgt werden. Cafés, kleinere Bäckereien und für mich die beste Konditorei ever findet sich alles, gut zu Fuß erreichbar, über den Ort verteilt. Ob es nun am Überangebot an Torten, Cremedesserts oder den täglichen Mousse au chocolat “to Go” lag kann ich so gar nicht mehr genau sagen. Fakt ist, in Leonidio fehlt es euch an nichts.

Pánjika Cooperative: Bar und Klettershop in einem? Funktioniert nicht nur in den spanischen Hot Spots. Auch in Leonidio gibts neben Kaffee, Crepes, wahnsinnig leckeren Burgern und Smoothies auch einiges an Kletterutensilien aus einer Hand zu kaufen. Selbstverständlich auch den aktuellen Kletterführer. Wer sich mehr in das Panjika Konzept einlesen möchte findet auf Pánjika Cooperative viele interessante Infos.

Wer griechisch essen möchte kann das in einer der vielen kleinen Tavernen machen. Da ich nicht der große Fan von fettigen Fleischessen bin, hab ich die traditionellen Gerichte meistens den Männern überlassen. Die riesige Souvlaki Portion für 3€ wurde mir an jedem Tag herzlichst empfohlen. 6 von 5 Tripadvisor Sterne gabs von den Herren der Schöpfung für die kleine Taverne gegenüber des RedRock Cafés. Dass nebenbei auf dem in der Taverne hängenden Fernseher National Geographic inkl. Kalbgeburt läuft, scheint den Geschmack des “besten Souvlakis der Welt” nicht beeinträchtigt zu haben. #souvlakipower 😉

An unserem letzten Abend besuchten wir auf Empfehlung unserer Vermieterin noch das mediterrane Restaurant “Myrtoon” im Nachbarort. Nach ca. 10 Autominuten saßen wir bei Sonnenuntergang im windgeschützen Wintergarten und ließen die letzten Tage Revue passieren. Top!

Fels / Qualität / Schwerigkeitsgrade

Die Kletterei ist vielseitig, jedes Gebiet liefert seinen eigenen Style. Von Platten, steilen Sinterfahnen und Tufablops findet sich jegliche Art, an bestem Kalk. Durch die überwiegend südseitige Ausrichtung der Klettergebiete, darf man die Sonnencreme ruhig auch im Februar einpacken. Wenn man sich über die Talstraße weiter vom Meer entfernt und in höhere Lagen fährt, kommt man zu vielen schattigen und wirklich hochklassigen Wänden, welche das klettern auch im April noch möglich machen sollten.

Schwierigkeitsgrade: Jetzt kommt wieder die klassische Aussage von 3a bis 9a gibt es alles. Hilft vermutlich niemanden weiter. Wir sind viel im Bereich von 6b bis 7c geklettert, in diesem Bereich gab es eine riesige Auswahl. Für alle die gern schwerer klettern, findet sich auch in den Sektoren direkt um Leonidio meist eine 8a oder schwerer. Viele schwerere Touren gibt es dann in den schattigen Gebieten taleinwärts.

Die Touren wurden überwiegend in den letzten Jahren erschlossen, weshalb man die Schwierigkeitsbewertungen noch hinterfragen sollte. 8a (www.8a.nu) liefert da mit Sicherheit eine gute Grundlage. Wir fanden die meisten Routen eher “soft” bewertet. Klar macht das Spaß – holidaygrades und so. Nichtsdestotrotz sollte es grob passen, weshalb eine ehrliche Bewertung der Wiederholer für neue Gebiete wie Leonidio wichtig wäre.

Beste Jahreszeit / Reisezeit: Oktober – April

Sektoren

Da wir nur 6 Klettertage zur Verfügung hatten und weder Thomas noch ich die große Motivation mitbrachten, diese 6 Tage an nur ein oder zwei Wänden zu verbringen haben wir uns entschieden an jedem Tag einen neuen Sektor anzusteuern. Zur Qualität aller Routen können wir natürlich in der kürze der Zeit wenig sagen. Wir hoffen euch aber einen groben Überblick geben zu können. Die “empfehlenswerten” Linien wurden von uns geklettert oder probiert und können so auch wirklich empfohlen werden ;-).

Hot Rock

Ausrichtung: Süden
Zustieg: In 10 Minuten, wunderschön mit Ausblick über ganz Leonidio entspannt zur Wand. Entspannt bedeutet in meinem Fall überwiegend waagerecht ;-).

Auch wenn die Bedingungen vermutlich nur im Winter richtig gut sein werden, empfiehlt es sich in jedem Fall die Wand zu besuchen. Der Blick reicht von den schattigen Wänden im hinteren Tal bis zum Meer. Traumhaft! Gefühlt ist die Kletterei im Gegensatz zu unseren heimischen Gebieten homogen und entsprechend dankbar. Wirkliche Boulderstellen gabs in den von uns gekletterten Touren nur in der 7b (Porno Stars ext.)

Empfehlenswert
Ianis (6b), Porno Stars (6a+) und die Verlängerung davon (7b)

Crash of the Titans

Ausrichtung: Süden
Zustieg: In 15 Minuten geht es in etwas steileren Gelände nach oben. Die große Höhle im rechten Teil des Sektors ist bereits von der Straße aus zu erkennen, weshalb es trotz Steilheit für die Wegfindung noch keinen Bergführer braucht 😉

Der Sektor bietet von leicht überhängender Kletterei an Sintern bis zu abgefahrenen 30 Meter Dachlinien einiges an Auswahl. Wir hielten uns im linken, weniger steilen Teil des Sektors auf. Die Linien waren im Vergleich zu allem was wir sonst in Leonidio geklettert sind sehr Einzelstellenlastig.

Empfehlenswert
Soul Sacrifice (6b+ hart), Moonage Daydream (7a), Child in Time (7a+)

Theos Cave

Zustieg: 15 Minuten

Im Sektor Theos Cave findet ihr im linken Bereich leichte Touren in jeglicher Variation. Nach rechts steilt sich die Wand weiter auf und die Touren werden entsprechend schwieriger.

Empfehlenswert
25° (6a+), Zeus (7a), Turtle (8a+)

Twin Caves & Mars

Warum diese beiden Gebiete zusammenfassen? Sicher nicht wegen ihrer ähnlichen Kletterei. Mars war leider von oben bis unten naß und die Twin Caves besuchten wir mangels Zeit an unserem Restday. Warum ich sie euch trotzdem vorstellen möchte? Beide Gebiete zählen wohl zu dem Bekannteren was Leonidio zu bieten hat. Während es in Mars unfassbar coole Tufalinien im 6ten und 7ten Franzosengrad zu holen gibt, findet ihr in den Twin Caves viele härtere Linien im 8ten Franzosengrad. Beide Gebiete scheinen rein optisch in jedem Fall einen Besuch wert zu sein.

Kyparissi

In ca. 1 ½ Stunden erreicht ihr das südlich gelegene Kyparissi. Leider reichte uns hierfür die Zeit nicht mehr. Aber anbei ein super Video, welches so richtig Lust darauf macht, dort hinzufahren.

Allgemeine Informationen

Absicherung, perfekt! Fast immer an super platzierten Edelstahlbolts mit vernünftigen Umlenkern. Nach unseren Erlebnissen in Sardinien war es doch wieder schön zu sehen, dass salzhaltige Meerluft und Klettern in küstennähe nicht automatisch das Taxi in die nächste Notaufnahme bedeuten muss.

Seil, 70 Meter sind ausreichend. Wir hatten 80 Meter dabei und nicht dass Gefühl als wäre es nötig gewesen.

Kletterführer / Guide, kletterführer.net

Rest-Days, wir sind nahezu durchgeklettert. Bzw. verbrachten wir unseren Restday mit Kaffee trinken und zu den Twin Caves marschieren. Im Kletterführer gibt es viele Tipps rund um Leonidio. Je nach Jahreszeit kann man in einer der vielen Buchten baden oder einfach nur relaxed in der Sonne vorm Cafe Pánjika sitzen.

Unterkunft

Luxus
Unterkünfte gibt es in und um Leonidio einige. Wer mitten im Ort etwas nobler residieren möchte für den wäre das Hatzipanayiotis Hotel einen Blick wert. Wir sind einmal durchgeschlendert und fanden es sehr ansprechend – für “Low Budget Kletterer”, wie uns, eher wenig passend. Weitere Infos auf www.hatzipanayiotis.gr

Budget
Für Leonidio zeigt AirBnB über 200 Unterkünfte und das über alle Preisklassen hinweg. Auch wir waren mit unserem Airbnb super zufrieden. Zentral gelegen, nette und sehr zuvorkommende Gastgeberin, absolut sauber und mit einer kleinen Dachterrasse mit Blick zum Meer 🙂 Wer mehr wissen möchte kann sich ein Bild vom Appartment machen: Infinity Apartment

Blick von unserer Terrasse, Infinity Apartment

Für etwas Luxus, Hotel Hatzipanayiotis

Abschließend können wir Leonidio nur jedem empfehlen. Die Kletterei ist mit Sicherheit nicht ganz so vielseitig wie auf Kalymnos. Die Anreise über Athen ist etwas länger und mühseliger als die Flug-Taxi-Boot Kombination nach Kalymnos. Nichtsdestotrotz war es für uns eine traumhafte Zeit – mit tollem Essen, schöner Kletterei, an bestens abgesicherten Routen und sehr entspannten und ursprünglichen Griechenland-Flair. Für alle die mit dem Auto anreisen gibt es mitten im Ort einen großen Parkplatz. Öffentliche und saubere Toiletten scheinen auch direkt dort zu sein.

Tipp, Athen

Unseren Abreisetag verbrachten wir in Athen mit dem Auskundschaften der Stadt. Athen zählt mit über 3. Mio Einwohnern zu den ältesten Städten Europas. Wer sich für Kultur und das antike Griechenland interessiert wird fündig und kann sich im Akropolis Museum über die “Top-Sehenswürdigkeit” informieren. Nach 10 Minuten im Museum kamen wir uns vor als wären wir im größten Vasenmuseum der Welt gelandet. Vermutlich interessieren uns die Felsen dann doch etwas mehr als die Entstehungsgeschichte diverser Städte. 😉 Wirklich schön war der Stadtteil “Plaka”. Viele kleine Läden in noch kleineren Gassen schmücken den Stadtteil mit Blick auf die Akropolis. Thomas fand auch hier zielstrebig den erstbesten Souvlaki-Laden und war soweit glücklich für den Tag.

danke Leonidio, danke Griechenland it was a pleasure!
eure Micha

Micha in Griechenland

Steckbrief Michaela Koller

Jahrgang: 1993
klettert seit: 2013
arbeitet: an ihrer Maximalkraft ;), mein Kaiserschmarrn-Budget verdiene ich in der Bankbranche
mag: Kaiserschmarrn, Kalkleisten, Granitleisten
mag nicht: Regen, Dunkelheit, im Rucksack vergessene Brotzeit
mag manchmal: Überhang
aufgewachsen: in Oberaudorf
kletterte:  viel! Meine schönste Route: Powerplay (7b), Achleiten
boulderte: zu wenig

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