Klettern in Spanien – Margalef

Margalef: 1400 Routen verteilt auf 82 Sektoren, und es werden jeden Tag mehr

Schon oft gehört und alle sind sie dort – Chris Sharma, Adam Ondra, Margo Hayes … Man kennt das Gebiet aus all den Hochglanz-Klettermagazinen, von den vielen Videos wie die Kletterelite die härtesten Routen rotpunktet und aus den ganzen Erzählungen von all denen, die schon dort waren. Das alles machte uns neugierig und damit stand der Beschluss nach Margalef zu fahren fest. Der Urlaub wurde vom Chef genehmigt und schon ging es los. Wir, Fabian und Andreas sind aus Stuttgart und sind mit dem Auto nach Margalef gereist. Das Auto war für uns am zweckmäßigsten, um das Gepäckproblem mit der Camping- und Kletterausrüstung beim Fliegen zu umgehen. Ohne Auto ist es auch teils sehr schwierig zum Fels zu kommen und sich im spanischen Hinterland zu bewegen. Alternativ kann man auch sehr bequem mit dem Flugzeug anreisen. Dabei fliegt man nach Barcelona und von dort sind es noch ca. 2,5 Stunden mit dem Auto nach Margalef. Die Mietwagen in Spanien sind sehr günstig, vor allem auch, wenn man eher zu Mietwagen-Nebensaison kommt. Im Sommer sind die Flüge und die Mietwagen aufgrund der hohen Nachfrage durch den Mittelmeer-Strandurlauber eher höher. Aber im Vergleich mit Deutschland noch immer recht günstig.

Anreise mit dem Auto

Nun ja, wir haben uns dennoch für das Auto entschieden und damit standen uns 14 Stunden Fahrt und knappe 1500 km bevor – um von Stuttgart nach Margalef zu kommen. Preislich war die Autoanreise auf jeden Fall kostenneutral, wenn man Sie mit der anderen Option, Fliegen und Mietwagen vergleicht. Wir sind in Stuttgart nachmittags gegen 16 Uhr losgefahren und waren kurz nach 5 Uhr morgens in Margalef. Lange Fahrten bei Nacht sind zwar gewöhnungsbedürftig, aber dafür sind wir ohne Probleme, sprich keinen Stau, kein warten vor Maut-Stellen, sehr wenig Verkehr und eigentlich sehr entspannt ans Ziel angekommen. Die Strecke von Stuttgart (Karlsruhe – Freiburg – Besancon – Beaune – Lyon – Avignon – Montpellier – Perpignan – Barcelona) bis nach Margalef führt die meiste Zeit über die Autobahn. In Frankreich und Spanien gibt es leider fiese Mautgebühren, dafür sind die Straßen aber auch gut ausgebaut. Wenn man die Autobahn oder gut ausgebaute Straße nach Barcelona verlässt, wird es relativ rasch sehr kurvenreich. Die gefühlt längste Strecke ohne Kurve war 100 Meter lang. Wirklich Verkehrsaufkommen gibt es da aber auch nicht mehr. Schon zu Beginn, wenn man durch die ersten engen Straßen in den spanischen Dörfern fährt, fängt es an, in den Finger zu kribbeln, oder war das die Wirkung von der letzten Red Bull?

Margalef

Angekommen in Margalef, gibt es drei Arten von Übernachtungsmöglichkeiten: Campingplatz, Bett im Zimmer oder Wild campen. Zum letzteren sei nicht mehr gesagt, da es zum einen teils verboten und teils auch nicht gern gesehen wird. Unsere Anlaufstelle, der Campingplatz El Pont liegt am Ortsrand. Der Blick auf die beleuchte Stadt nachts ist sehr schön. Der Campingplatz ist nicht sehr groß und es wurde bei uns nur am Wochenende voll, als einheimische Kletterer da waren. Es ist dennoch eher ruhig geblieben, wobei man vor Hunden keine Angst haben sollte. Irgendwie scheint jeder spanische Kletterer einen Van und einem Hund zu haben, Standardausrüstung. Bei den sanitären Ausstattungen gibt es nichts zu meckern, alles wurde jeden Morgen gereinigt und an der Spül-Station konnte man auch Trinkwasser problemlos abfüllen. Man kann also von diesem Camping-Platz das Trinkwasser trinken, was ja immer so ein bisschen die Frage ist in südlicheren Ländern. Der Preis für eine Übernachtung mit Zelt ist auch sehr moderat und wir haben uns dort sehr wohl gefühlt.

Der Untergrund am Campingplatz ist allerdings sehr hart und besteht aus Steinen und keiner Wiese. Man sollte also einen Hammer mitbringen, um die Heringe vom Zelt in den Boden zu bekommen. Die Bar auf dem Campingplatz verkauft morgens frisches Brot und guten Kaffee, abends kann man auch noch bei einem kalten Bier so richtig entspannen. Sollte es kälter sein, ist die Hütte auf dem Campingplatz auch beheizt. Freitags und Samstags gibt es auch die berühmten spanischen Patatas Bravas (quadratische Pommes mit pikanten Ketchup) und warmen belegten Baquettes statt. In der Hütte dürfen eigene Speisen verzehrt werden, trinken sollte allerdings an der Bar gekauft werden. Steckdosen und WLAN sind ebenfalls vorhanden, also man kann auch etwas arbeiten, sollte man das müssen. In Magalef selbst gibt es einen kleinen Laden (morgens und abends geöffnet). Hier findet man alles, was man so zum Leben braucht und die Verkäuferin kann sogar auch eine Unterkunft vermitteln. Sehr zu empfehlen sind die lokalen Oliven und das Olivenöl. Außerdem gibt es noch 2 Restaurants in Margalef, welche immer gut besucht sind von Kletterern sowie von Einheimischen; eine kleine Arztpraxis und ein Geldautomat. In Margalef selbst wird eigentlich fast überall Bar bezahlt, auf dem Campingplatz akzeptiert man aber auch Karten.

Beim Campen hat man auch Zeit, der Schönheit der Natur zu frönen.

Auf gehts, klettern – Sektor Espadelles

Bei uns ging es gleich nach nur 4 Stunden Schlaf nach der Anreise an den Fels. Unser erster Felsen war im Sektor Espadelles, das  liegt nur 5 min mit dem Auto außerhalb von Margalef. Es empfiehlt sich an guten Klettertagen und zur Klettersaison früh da zu sein, da der Parkplatz schnell voll wird. Am Fels selbst verläuft es sich dann allerdings sehr schnell, da der Sektor aus einem über 1 km langen Felsband besteht. Entsprechend ist auch die Routenauswahl sehr groß, wobei sich der Schwerpunkt, wie überall in Margalef auf den französischen 7. und 8. Grad fokussiert. Die Felsausrichtung ist teils sonnig, teils schattig. Gegen Nachmittag wird es oft mal windig. Unterhalb dieses Felsbandes führt eine Straße zu dem Staudamm bei Margalef. Entlang dieser Straße gibt es noch zahlreiche weitere Sektoren, teils direkt an der Straße. So auch der berühmte Sektor Laboratorium mit seiner Route Demencia Senil, 9a. Teils liegen auch diese Sektoren den ganzen Tag in der Sonne oder im Schatten. Gerade an den harten Routen trifft man den einen oder anderen bekannten Kletterer und kann sich nach getaner Arbeit von seinen Kletterkünsten inspirieren lassen. Unser erstes Fazit: Nach oben sind keine Grenzen gesetzt, wer hätte es gedacht.

Fabi will sich an einer der unzähligen 8a beweisen.

Sektor Covas de Ros

Wem das alles zu viel Trubel ist, für den gibt es dennoch genug Auswahl. Sobald mal im Kletterführer steht, local interst only, wird man maximal von umherschwirrenden Bienen auf der Pollenjagd gestört. Darunter leidet aber keinesfalls die Qualität der Routen, wie zum Beispiel am Sektor Covas de Ros. Hier wird auch noch fleißig erschlossen, sodass es neue Routen gibt, die im Führer, der Anfang 2018 erschienen ist, noch gar nicht drin stehen. Hier haben wir auch ein paar Projekte gefunden, mit denen wir uns näher vertraut gemacht haben. Die Routen hier sind tendenziell boulderlastig, überhängend bis Dachkletterei und eher kurz. Ausdauer ist weniger gefragt, vielmehr Fingerkraft und Körperspannung. Manche Einstiege waren leider veränderlich, dafür aber gut abgesichert. Ab dem 2. Bohrhacken war es sehr kompakter Konglomerat und die Absicherungen waren insgesamt sehr gut. Bei manchen Routen empfiehlt es sich, entweder vorzuklippen oder die Sache vorab gut anzuschauen. So ein bisschen typisch für Margalef: Harter Einstiegsboulder gefolgt von eher leichteren Zügen bis zum Top. Ausnahmen bestätigen die Regel: Andreas knackt trotz Erkältung sein 7c+ Projekt Frankenstein. Die Route kann man im Prinzip so beschreiben: Einstiegsboulder, weite Züge an guten Griffen, nochmals ein schwerer Zug an ein 2 Finger Loch und zum Schluss gute Griffe bzw. Hook-Möglichkeiten. Nicht zu unterschätzen war dennoch, dass alle Züge sehr kraftraubend waren und viel Konzentration erfordert haben. Ein paar Meter weiter konnten wir auch eine spannende 8a finden: Memòria interminable. Zu Beginn Dachkletterei vom feinsten: An guten Griffen mit teils weit entfernten Tritten zur ersten Schlüsselstelle, einem großen Loch, in dem man einen rutschigen Fußklemmer machen musste und dann weiter an guten Griffen zum Ausstiegsboulder.

Andreas in einer 7c+ im Sektor Cova del Ros.

Andreas müht sich auf einer 7c+ im Sektor Covas del Ros ab.

Die beste Zeit um zu klettern

In der Zeit in der wir dort waren (Ende März), waren die Bedingungen leider etwas durchwachsen. Nachts war es sehr kalt und wir hatten morgens ein überfrorenes Zelt. Sinnvolle Kletterversuche konnte man erst machen, wenn die Sonne den Fels etwas erwärmt hatte. Das war dann immer so ab 13 Uhr, ansonsten war einfach das Feingefühl am Felsen zu schlecht. Daher blieben am Tag manchmal auch nicht mehr als 2-3 ernsthafte Versuche um am Projekt zu arbeiten, da es wieder sehr schnell kalt wurde nach dem Sonnenuntergang. Wir haben etwas philosophiert und uns überlegt, wann denn die beste Jahreszeit zum Klettern in Margalef ist. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es am besten ist, wenn es schon ein paar Grad wärmer ist. Optimal wären konstant 15-20 Grad. Dann kann man an sonnigen, eher warmen Tagen zu einen schattigen Nordwand-Sektor fahren und an eher kalten Schlechtwettertagen an einen Südwand-Sektor. Das erspart, dass man mit 2 Hosen und 3 Jacken sichern muss und sich vor jedem Versuch noch ausführlicher als sonst aufwärmen muss. Allerdings verrät der Blick aufs Klimadiagramm, dass es dieses Jahr ein kalter Winter war. Tendenziell ist Margalef von Mitte März bis Anfang Juni und wieder ab Mitte September bis Ende November zu empfehlen. Im Hochsommer wird es dann wohl überall zu warm sein und im Winter, kann es im spanischen Hinterland auch sehr kalt werden, wie wir am eigenen Leibe erfahren mussten. Dieses Jahr lag Anfang März sogar noch etwas Schnee. Man muss auch ein bisschen das allgemeine Bild überdenken, wenn man die ganzen Berichte von den Profikletterern im Internet zu lesen bekommt. Ihnen stehen wohl mehr Klettertage am Fels zur Verfügung und man kann auch mal 3 Monate im Gebiet bleiben. Wenn man eher Hobby-Kletterer ist, sollte man sich gut überlegen, wie man seine 20-30 Urlaubstage im Jahr legt, sodass man möglichst viel vom Urlaub hat. Am Ende gehört auch noch etwas Glück dazu – wie immer im Leben.

Tarragona für die Ruhetage

Nun, jeden Tag vollgas geben am Fels geht leider auch nicht. Daher die Frage, was man den am besten an Ruhetagen unternimmt. Für uns stand ganz klar fest, auf gehts in die Stadt Tarragona. Tarragona liegt ca. 1,5 Stunden entfernt von Margalef und die kurvenreiche Straße führt durch eine sehr ansprechende Landschaft und durch malerische Dörfer. Die eine oder andere Aussicht über die Hügellandschaft lädt auch dazu ein, eine kleine Pause auf der Fahrt einzulegen. Tarragona selbst ist direkt am Meer gelegen und bietet allerlei. Wir haben in einem Parkhaus (Adresse: 4, Carrer Josepa Massanes, 43002 Tarragona) geparkt, wo die Tagespauschale für 4,50 Euro zu bekommen ist. Man sollte allerdings beachten, dass es ein sehr enges Parkhaus ist. Mit einem höheren Auto (Van oder Camper) kann es da schon schwieriger werden. Am Straßenrand zu parken ist nicht empfehlenswert, da die meisten Parkplätze auf 2 Stunden begrenzt sind. Leicht außerhalb vom Zentrum, z.B. beim Friedhof gibt es auch gute Parkmöglichkeiten. Zum Mittagessen wurde uns das Restaurant Degvsta (http://www.degvsta.com ) von einem Localbesitzer in Margalef empfohlen. Ein verwinkeltes, fast schon kunstvolles Restaurant wo das Mittagsmenu (3 Gänge) inklusive Wasser 16 Euro. Daumen hoch: leckeres Essen, freundliches Personal und liegt sehr zentral gelegen. Nur 3 Gehminuten entfernt findet sich die große Kathedrale von Tarragona. Am besten macht man einen Spaziergang durch die Stadt und kann dabei viele alte römische Bauten, wie auch ein Amphiethater entdecken. Die Stadt bietet ebenfalls jede Menge Einkaufsmöglichkeiten und wer noch nicht genug hat von den Römern, etwas ausßerhalb liegt auch noch ein altes römisches Aquädukt. Sehr eindrucksvoll und es wird auch kein Eintritt verlangt und ein Park lädt zum Spaziergang in der Umgebung ein.

Zum chillen ist Taragona und das Umland sehr empfehlenswert.

Wissenwertes

In der Umgebung von Margalef finden sich noch weitere kleine Städte (alle ca. 20 km und 40 min mit dem Auto entfernt) und natürlich noch eine Vielzahl an Klettergebieten. In den umliegenden Städten gibt es Tankstellen, Supermärkte und auch kleinere Geschäfte, die sich insgesamt alle ein wenig ähneln. Ein leider notwendiger Zahnarztbesuch hat uns dann auch noch nach Móra d’Ebre geführt. Den Termin beim Zahnarzt konnte mir der Betreiber des Campingplatzes vermitteln, ein sehr hilfsbereiter Mensch. Insgesamt ist das ländliche Spanien nach wie vor sehr traditionell geprägt, viel Tourismus gibt es hier nicht. Nachmittags haben auch die meisten Geschäft geschlossen (Siesta) und Achtung, Restaurants haben nur manchmal nachmittags geöffnet, viele erst Abends ab 18 Uhr. Lokale Läden und Geschäfte sind auch nur vormittags bis 11 Uhr und abends wieder ab 17/18 Uhr geöffnet. Größere Supermärkte (von Supermarktketten) haben allerdings, wie bei uns, den ganzen Tag über geöffnet.

Unsere Empfehlungen im Überblick
  • Unterkunft: Von November bis April in einer Unterkunft oder Van mit Standheizung, in den anderen Monaten kann man gut Zelten. Zimmer finden sich am einfachsten über AirBnB, der lokalen Herberge oder durch Vermittlung von Locals.
  • Sektoren: Alle! Überall gibt es gute Routen aller Schwierigkeitsgrade und Charaktere, es dominieren überhängende Routen mit teils Fingerlöchern und kleinen Routen. Man findet auch senkrechtes und Sintergestein.
  • Anfahrt: Je nach dem, ob man campen möchte (eigenes Auto) oder eine Unterkunft gebucht hat (Fliegen)
  • Kletterführer: Margalef (by Vicent Palau und Maya Ayupova, http://margalefclimb.com, Vorteil: Farbbilder von den Felsen, Anzahl benötigter Expressschlingen), zu kaufen auf dem Campingplatz oder im Laden in Margalef und Tarragona Climbs (Enthält auch weitere Klettergebiete, jedoch nur eine Auswahl von Margalef (jeweils auf neueste Ausgabe achten, da es ständig neue Routen gibt)
  • Kontakt zu Locals: am einfachsten findet man Locals, wie z.B. Mac, an der Bar auf dem Campingplatz. Mac wohnt in einem großen Zelt auf dem Campingplatz und ist fast das ganze Jahr da.
  • Essen: Tapas, Salami und Oliven
  • Ruhetage: Ausflüge ans Meer (z.B Tarragona), Wandern, Mountainbiken (Vor Ort können Fahrräder ausgeliehen werden)
  • Übersicht der 3 Hauptklettergebiete: Pantà de Margalef (Nordösltich von Margalef, bekannte Sektoren: Espadelles, Laboratori) , Barranc St. Salvador (Südöstlich von Margalef), Poble de Margalef (Gebiete dirket bei Margalef, bekannter Sektor: Cova D’en Ros)
Fabian in der freien Wildbahn...

Steckbrief – Fabian

Baujahr: 1992
klettert seit: 9 Jahren
arbeitet: in der Kletterhalle, studiert und lernt fliegen
mag: positives denken
mag nicht: Erbsen
mag manchmal: fiese Fingerlöcher
aufgewachsen: im Neckartal bei Tübingen
kletterte: an türkischen Sintern in den Klettern-Kalender
boulderte: auf einer belebten Disc-Golfanlage an einem Granitblock bei Göteborg

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